Earthquakes

Das Leben mit der Ungewissheit

Vor meiner Abreise haben viele Leute Witze gemacht über San Francisco und dass ich mich vor Erdbeben in Sicherheit nehmen soll. Zumindest habe ich die Anspielungen immer als Witz verstanden, obwohl ich wusste, dass San Francisco in einer erdbebengefährdeten Region liegt.

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Tatsächlich ist es aber so, dass die Gefahr eines Erdbebens hier in den Köpfen und im Alltag ständig präsent ist. Nicht in Form von wirklicher Angst, und vielleicht nicht in der Erwartung, dass es morgen passiert. Aber die Leute machen sich darüber Gedanken und versuchen sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Vier Beispiele aus dem Alltag:

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erstellt am 16.05.2016

bearbeitet am 02.06.2016

Mickey und die Spülschwämme - Part II

Rückblick

Alles begann mit zwei kleinen Spülschwämmen, die in meinem Leben Geschichte schreiben sollten. Weil sie im Mülleimer landeten. Und weil damit der Umwelt großer Schaden zugefügt wurde. Und der Seele mancher Menschen offenbar noch viel mehr… Wer den ersten Teil verpasst hat, sollte ihn hier nachlesen.

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Fünfter Akt (1. Mai 2016)

Als wir am Abend von Yosemite nach Hause kommen wird Carmina freundlich von Michelle begrüßt, ich eher weniger freundlich. Wenige Minuten später kommt Michelle zu meinem Zimmer und fragt mich, ob ich Ihre Email gelesen habe. Ich bejahe. Sie erzählt mir, dass sie eigentlich dachte, dass wir uns am Wochenende alle erholen könnten und dass dann alles gut hätte werden können.

Stattdessen hätte ich mit meiner „angry and insulting note“ alles nur noch viel schlimmer gemacht und ihr das ganze Wochenende ruiniert. Sie fragt mich, ob ich mir dessen bewusst bin. Ich verneine und stelle die Gegenfrage, ob sie eigentlich wisse, dass sie mit ihrer Email auch mein komplettes Wochenende ruiniert habe.

Sie stutzt etwas, ringt kurz nach Worten, findet dann aber eine tolle Ausrede: Sie wäre nicht davon ausgegangen, dass ich die Email in Yosemite lese, weil man dort normalerweise keinen Handempfang habe. Ich beschließe jetzt einfach gar nichts mehr zu sagen. Sie sagt auch nichts mehr und meint dann nach einer Weile, es wäre besser das Ganze am nächsten Tag zu diskutieren, sie sei jetzt müde.

Sechster Akt (2. Mai 2016, Nach der Arbeit)

Als ich gerade aus der Arbeit komme und zur Straßenbahn laufe, schreibt mir Carmina, meine andere Mitbewohnerin eine längere Warnung per WhatsApp:

Okay Martin, schlechte Neuigkeiten: Mickey hat mich mal wieder festgequatscht, obwohl ich ihr fünf mal gesagt hab, dass ich mich da raushalten will und dass sie es mit dir besprechen soll. Jedenfalls will sie auf jeden Fall dass du ausziehst und zwar weiß sie auch schon die Alternative. Du sollst in dieses Hostel von Rebecca [Rebecca ist meine Vormieterin und die ehemalige Mitpraktikantin aus dem Goethe-Institut, die nicht länger mit Mickey zusammenleben wollte und deshalb ausgezogen ist und dann im Hostel wohnte]. […]
Und sie [Mickey] sagt zu dem Thema Vertrag, dass es wohl in jedem Vertrag eine ‚Goodwill‘ Klausel gibt und die hast du anscheinend mit deinem Benehmen gebrochen. Die ‚Goodwill‘ Klausel muss nicht in dem Vertrag stehen sondern ist wohl immer implizit bei jedem Vertrag mit dabei (jedenfalls gemäß ihrer Aussage).
Sie empfindet dich als bedrohlich und sagt wenn du dich über ein Thema wie diese Schwämme schon so aufregst, dann könntest du vielleicht bei größeren Problemen noch aggressiver werden und sie möglicherweise angreifen. […]
Sie meinte zu mir sie würde auf jeden Fall einen Anwalt einschalten. Und dass du dir ja in deiner kurzen Zeit hier keinen Anwalt engagieren wollen würdest... […]
Ach ja, sie meinte die einzige Sache wie sie es sich vorstellen kann, dass du bleiben kannst ist, wenn du wie ein komplett anderer Mensch hier nach Hause kommst und sie um Entschuldigung bittest und Einsicht zeigst und wie es dir alles leid tut und dass du dich angegriffen gefühlt hast und dass sie über alles Recht hat etc… Aber dass sie denkt dass du zu viel Stolz hast um das zu tun und somit sei das nicht wirklich eine Option! […]
Naja das war so ziemlich das Gespräch. […]
Dachte nur ich bereite dich darauf vor bevor du nach Hause kommst…

Siebter Akt (2. Mai 2016, Abends)

Auf dem Heimweg überlege ich, was ich machen soll und beschließe, dass Mickey Recht hat. Ich habe definitiv zu viel Stolz, um mich hier für irgendetwas zu entschuldigen oder sie wie die Mutter Gottes um Vergebung zu bitten. Ich beschließe, dass ich mich höchstens für den ironischen Ton entschuldigen werde, keinesfalls aber für einen inhaltlichen Punkt meiner Kritik, da ich diese durchaus als berechtigt ansehe. Wenn sie wirklich möchte, dass ich ausziehe, werde ich das auf jeden Fall ablehnen und ihre Argumentation mit der ‚Goodwill‘ Klausel erst einmal auf Standhaftigkeit prüfen bzw. prüfen lassen.

Als ich die Wohnung betrete fällt die Begrüßung noch frostiger aus als am Abend zuvor. Ich mache mir kurz was zu Essen und beschließe dann zu Michelle ins Wohnzimmer zu gehen, vorbereitet auf den großen Streit. Ich beginne das Gespräch und frage, ob sie die Diskussion von gestern Abend fortführen möchte, ich hätte den Eindruck, es gäbe ein paar Dinge zu klären.

Michelle beginnt mit einer ausschweifenden Antwort. Sie habe meine erste Antwort im Haushaltsbuch auf ihre Frage nach dem Verbleib der Schwämme wohl nicht gesehen und deshalb verstehe sie, dass ich sarkastisch geantwortet habe. Sie meint, dass es wohl nicht gut sei, über das Haushaltsbuch zu kommunizieren, sondern dass man besser direkt miteinander reden sollte.

Dann geht sie auf meine Kritikpunkte ein: Dass sie das saubere Geschirr mehrmals am Tag wegräume und dass, wenn das nicht genüge, man einfach „ein wenig mehr Geduld miteinander“ haben sollte. Dass die schmutzigen Milchtüten und Essensreste nicht in den Müll kommen, sondern in den Kompost und deswegen neben der Spüle liegen bleiben [bis wir sie wegräumen; sie sieht das offenbar nicht als ihre Aufgabe im Haushalt an]. Und dass sie nur regelmäßig in mein Zimmer ginge, um die Blumen [ein Kaktus] zu gießen und dabei gemerkt hätte, dass mein Fenster offen war und sie nicht wolle, dass wieder Mäuse ins Haus kämen, weil das war wohl letztes Jahr der Fall. Und die Beseitigung sei ein Riesenproblem gewesen, weil die Vermieter generell nicht kooperieren und sie so schlecht behandeln würden. Und ab hier folgt nochmal ein halbstündiger Monolog über die schrecklichen Vermieter, den ich aber schon fast wörtlich mitsprechen kann, weil sie mir die Geschichte schon zum dritten oder gar vierten Mal erzählt.

Dass ich ausziehen soll? Dass ich sie schlecht behandelt habe? Dass ich mich entschuldigen soll? Fehlanzeige! Irgendwie fühle ich mich wie im falschen Film.

Fortsetzung folgt...

erstellt am 09.05.2016

Yosemite National Park

Hallo Leute!

Heute gibt es wie versprochen den etwas aufgeschobenen Bericht über das Yosemite-Wochenende. Neues aus dem WG-Leben wahrscheinlich dann nächste Woche wieder :D

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Tag 1 (Freitag) - Yosemite Valley

Ich hatte bei der Arbeit schon wieder genügend Überstunden angesammelt, so dass ich mir den Freitag freinehmen konnte. Wir, meine Mitbewohnerin Carmina und ich, starteten gegen 8 Uhr in San Francisco mit der BART nach Fremont, wo uns Thomas, ein anderer Praktikant mit seinem Firmenwagen abholte (irgendetwas mache ich falsch...). Gegen Mittag kamen wir in Mariposa an, der Ort wo auch unser Hotel lag, und fuhren von dort weiter ins Zentrum des Yosemite National Parks.

Am ersten Tag klapperten wir dort einige Aussichtspukte mit dem Auto ab. Unser erster Anlaufpunkt war der Glacier Point, von wo aus man eine super Sicht auf den Half Dome, das Yosemite Valley und die Yosemite Falls hat (Die ersten vier Bilder aus der Bildergalerie sind beim Glacier Point entstanden). Danach ging es weiter zum Tunnel View, wo man die typischen Postkartenbilder von Yosemite machen kann (siehe Titelbild). Und nein, das ist keine Fotowand! Die Schönheit der Natur hier ist wirklich beeindruckend. Dritter und letzter Teil der Sightseeing-Tour am Freitag war der Bridalveil-Fall, bei dem in der Nähe es ganz schön nass wurde.

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Gegen Abend fuhren wir dann zurück nach Mariposa zu unserem Hotel. Nach dem Einchecken beschlossen wir, das örtliche Steakhouse aufzusuchen ("Charles Street Dinner House") und das war eine sehr weise Entscheidung, denn das Steak war WAHNSINN! Das beste Steak, das ich bisher in meinem Leben gegessen habe!

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Tag 2 (Samstag) - Upper Yosemite Falls

Am Samstag hatten wir uns eine Wanderung zu den Upper Yosemite Falls vorgenommen. Die Tour war echt anstrengend (knapp 1200 Meter Höhenunterschied, circa 6 Stunden) und gut dafür geeignet zumindest ein paar Kalorien aus dem Steakhouse wieder abzubauen. Gut, Abends waren wir dann (American-) Pizza essen, und um die Kalorien davon auszugleichen müsste man die Wanderung wahrscheinlich noch zweimal machen, vom amerikanischen Frühstück im "Happy Burger Diner" am nächsten Morgen ganz zu schweigen :D

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Tag 3 (Sonntag) - Vallecito Natural Bridges

Weil wir am Samstag bei der Einfahrt in den Park über eine Stunde in der Schlange standen und warten mussten und weil einige Sehenswürdigkeiten im Park aufgrund von Bauarbeiten oder witterungsbedingt gesperrt waren und wir mehrere Wunschziele nicht anfahren konnten, beschlossen wir am Sonntag nicht mehr in den Park reinzufahren und stattdessen auf dem Heimweg einen Abstecher nach Vallecito zu machen, was eine sehr gute Idee war.

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Die Natural Bridges sind eine Art Höhle, durch die man durchschwimmen kann. Dort haben wir einen supergemütlichen Nachmittag verbracht. Außerem gibt es da Gold. Sagt zumindest ein Gold Miner, den wir beim Goldschürfen beobachtet haben. Und Schlangen!

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erstellt am 05.05.2016

Mickey und die Spülschwämme

Prolog

Eigentlich wollte ich heute was über unseren Yosemite-Trip bloggen. Das muss ich aber zugunsten bester Real-Comedy aus meiner WG etwas aufschieben.

Die Story beginnt damit, dass ich in unserer WG zwei alte und wirklich widerliche Spülschwämme unbedacht in den Müll werfe. Bereits zuvor habe ich allerdings eine ganze Packung neuer Schwämme gekauft. Eigentlich eine ganz normale Aktion. Dachte ich zumindest bis dahin, denn ich sollte eines besseren belehrt werden.

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Das Haushaltsbuch

In unserer WG führen wir auf Wunsch von unserer Vermieterin und Mitbewohnerin Michelle (Mickey) ein Haushaltsbuch, in das jeder einträgt, welche gemeinschaftliche WG-Arbeiten er erledigt hat und wie viel Zeit man dafür gebraucht hat. Michelle nutzt das Buch auch für Kritik aller Art, Carmina, meine andere Mitbewohnerin eher nicht und ich bis letzte Woche auch nicht. Über den Sinn und Unsinn dieses Buches kann viel diskutiert werden, doch das ist ein anderes Kapitel.

Erster Akt (25. April 2016)

Ich komme von der Arbeit nach Hause und finde folgenden Eintrag von Michelle im Haushaltsbuch:
„Where are the 3 missing sponges in the kitchen?“.
Wie erwähnt hatte ich die Schwämme weggeworfen, aber neue gekauft und diese auch neben der Spüle platziert. Doof wie ich bin verstehe ich das Problem nicht, schreibe aber natürlich freundlicherweise eine ehrliche Antwort:
„I throw them away because they were really disgusting! (MB)“.

Zweiter Akt (26. April 2016)

Michelle hat den einen Schwamm, den sie wohl selbst verlegt hat wieder gefunden, die zwei weggeworfenen aber natürlich nicht mehr. Meine Antwort übersieht oder ignoriert sie und schreibt:
„2 sponges still missing“.
Ich verstehe das Problem noch immer nicht und antworte:
„They are gone. I can’t bring them back… But I think that is not the biggest problem on earth. You can use new ones…“

Dritter Akt (28. April 2016)

Die Sache beginnt zu eskalieren. Offenbar habe ich das Problem unterschätzt, denn ich bekomme folgende Antwort, die ich hier ungekürzt und unverändert wiedergeben möchte:

1. Sponges: one was brand new + I wash all sponges @ least once a wk. in the washing machine. Those had just been washed.
2. It is a big problem that you feel it is OK to throw my property away.
3. It is bad for the environment to just throw things into the landfill when they are still being used.
4. I do not like the new sponges - they leak purple dye + do not clean well + are not the good ones for the environment.
5. Who threw them away?
6. That someone would leave me an angry insulting note that I had the nerve to try to keep track of the household property.
7. There is no reason to be rude + it is not a way to live or share cultures. I am tired of being treated so rudely.
8. Old Sponges are not thrown out, they are demoted to cleaning sponges. [Es gibt hier im Haushalt - und das ist in Amerika wohl nicht unüblich - zwei verschiedene Schwämme, einer wird benutzt um Geschirr abzuwaschen, der andere um Oberflächen abzuwischen.]
9. It is unacceptable to move into someone’s home + then treat them rudely.
10. This kind of stress in the household greatly aggravates my disabilities [Wahrscheinlich meint sie damit ihre chronische Müdigkeit, die sie wohl hat, seitdem sie vor Jahren an der Schweinegrippe erkrankt war. Sonst konnte ich bisher auf jeden Fall noch keine Behinderung herausfinden…]


Ich habe das Problem offensichtlich immer noch nicht erkannt und fühle mich langsam genervt. Der ganze Zirkus wegen zwei Schwämmen geht mir langsam auf die Nerven. Da Michelle nicht zu Hause ist, antworte ich auch schriftlich in das Haushaltsbuch:

Sorry, but your critique is more funny than the cabaret event at the Goethe-Institut this evening, and the cabaret was really good. But let me stop joking about this and be serious. I think there are a few things to clarify:
Referring to (6): I think my note was neither angry nor insulting, maybe only a bit sarcastic.
Referring to (7) and (9): Do you really feel treated „rudely“? Please be honest…? And if you write you are „tired of being treated rudely“ it sounds like I or we have treated you rudely very often. Do you really feel so? Why?
Maybe it was a mistake to throw away the sponges, anyway: I can’t bring the old ones back. That is not possible. I won’t do that in the future but I think this little „mistake“ is not a reason to write such a note like that. Please think about if that note was adequate to what happened. Advice: Please try to control your emotions before writing notes like that, otherwise I can’t take them seriously, sorry!
Referring to your last note [Diese ist oben nicht aufgeführt. Ich hatte vergessen tagsüber mein Fenster zu schließen, das wurde von ihr kritisiert. Sie war wohl in meinem Zimmer, hat es bemerkt und das Fenster geschlossen]: I don’t want that you enter my room. Please respect my privacy. I also don’t enter your room.
Another critique: I know you have a lot to do with the Bernie-campaign. But when we are not allowed to put the clean dishes away [steht wirklich so im Mietvertrag], please do it regularly and on time, otherwise we are not able to clean the dirty dishes.
Last critique [Das Wort war vielleicht nicht ganz richtig gewählt, das war mir aber nicht bewusst. ‚Critique‘ im Englischen ist wohl negativer konnotiert als ‚Kritik’ im Deutschen]: Not only my dirty dishes attract bugs. Please clean your empty food boxes or throw them away.
By the way: I also felt treated bad when I gave you the rent. After my move-in you suggested to sign and note at the contract every time I pay money to you. When I wanted to pay the rent for May you denied your signature due to unknown reasons. It felt like you want to kid me.
Sorry for the - maybe hard - critique, but I think it was necessary. Although it wastes a lot of paper (like your note, too…) and it’s not good for the environment. So maybe it would be a good idea for next time to talk directly to each other.
Now I wish you a good weekend to recover of the stress! You can enjoy your weekend without our mistakes in the household, we will be visiting Yosemite in the next days. Best, Martin.

Vierter Akt (29. April 2016)

Per Email erreicht mich auf dem Weg nach Yosemite folgende freundliche Email von Michelle.
„Martin, The long insulting letter that you left me has made things very much worse. I don’t want to live with you. Michelle“

Fortsetzung folgt...

Update: Die Fortsetzung gibt es hier.

erstellt am 02.05.2016

bearbeitet am 09.05.2016

The Dark Side of the City

Armut und Obdachlosigkeit

Was gleich in den ersten Tagen in der Stadt auffiel war die wahnsinnig hohe Zahl an Obdachlosen. Und obwohl ich jetzt schon sechs Wochen in der Stadt bin, habe ich mich noch keinesfalls daran gewöhnt. Als ich letzte Woche gegen 21 Uhr auf dem Heimweg von der Arbeit war, hat mich der Anblick wieder ein wenig zum Nachdenken gebracht: Im Eingang auf meiner Seite der Metro-Station lagen 32 Obdachlose mitsamt ihres Hab und Guts.

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Tenderloin

Am schlimmsten ist die Situation in Tenderloin. Als ich das erste mal durch diesen Stadtteil lief, war das ein prägender Eindruck. An jeder Ecke lagen Obdachlose. Viele davon sind auch total wirr im Kopf, pöbeln vorbeilaufende Leute an oder bewerfen diese mit irgendwelchem Zeug.

Der Geruch von Gras an jeder Straßenecke war am Anfang auch auffällig. Das ist aber überall in der Stadt zu finden, Kalifornien ist da wohl ziemlich liberal, deswegen kann man auch im Park ständig Leute sehen, die sich einen Joint drehen oder das Zeug ganz offen verkaufen. Offiziell ist das Kiffen hier eigentlich verboten, man bräuchte theoretisch ein Rezept vom Arzt. Aber entweder es interessiert hier einfach niemanden oder es sind alle todkrank und haben ein Rezept :D Als ein Bekannter, mit dem ich durch die Straßen lief, plötzlich eine Spritze auf dem Boden fand, dachten wir erst, das wäre etwas besonderes. Ist es aber nicht. Spritzen auf dem Boden findet mal hier alle paar Meter.

Das Starbucks-Erlebnis

Das krasseste Erlebnis war aber in einem Starbucks mitten in der Innenstadt. Ich will mir eine heiße Schokolade holen und stehe in einer kleinen Starbucks-Filiale in einem großen Einkaufcenter an der Kasse. Dann kommt eine alte obdachlose Frau in den Laden, vor sich schiebt sie einen Einkaufswagen mit ihrem Besitz samt gesammelter leerer Pfandflaschen und Dosen. Die alte Frau trägt einen Rock, läuft, den Einkaufswagen schiebend, ein paar Meter durch den Starbucks, bleibt auf einem Teppich stehen und pisst dort im Stehen auf den Teppich. Mitten in einem Starbucks, wo es auch eine Toilette gäbe. Ein paar Leute aus der Schlange blicken zu der alten Frau und beginnen zu tuscheln, wenige Leute verlassen den Laden. Aber keiner, auch nicht die Starbucks-Mitarbeiter hinter der Theke reagieren und rufen den Security, der nur wenige Meter entfent steht. Yes, that's America!

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erstellt am 25.04.2016

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